Schwerin gegen Münster – es war das Verfolgerduell in der Bundesliga, bei dem zwei der drei aktuell besten Angreiferinnen der Liga sich gegenüberstanden und heute im Mittelpunkt stehen würden. Lindsey Ruddins, die Nr. 3, zeigte, dass sie der aktuellen Nr. 1, Iris Scholten, in nichts nachsteht und trug maßgeblich dazu bei, dass ihr Team vor 1785 Zuschauern mit 3:0 (25:16, 25:19, 25:19) gewann und den Anschluss an das Spitzenduo der Bundesliga bewahrt.
„Münster hat eine sehr sehr couragierte Leistung ins Feld gebracht. Es war schwierig, Bälle auf den Boden zu bringen. Wir mussten die maximale Leistung abrufen“, sagt Felix Koslowski.
Der 38-Jährige hätte sich vor der Partie vermutlich gerne etwas anderes zu Weihnachten gewünscht. Gleich fünf Spielerinnen fielen krankheits- oder verletzungsbedingt aus, darunter beide Zuspielerinnen. Somit kam die erst 16-Jährige Paulina Ströh, Zuspielerin der zweiten Mannschaft des SSC, zu ihrem Debüt in der 1. Bundesliga. Die Kapitänin der deutschen U-17-Auswahl agierte mutig und brauchte nur wenige Bälle, um sich an die Atmosphäre zu gewöhnen. Ruddins, Baijens und co. konnten gut in Szene gesetzt werden, sodass Schwerin mit 9:5 in Führung ging. Münster fand noch nicht so richtig ins Spiel. Dafür sorgten auch die starken Aufschläge des SSC. Zudem saß jeder Angriff in dieser Phase über außen. Die Führung konnte auf 16:9 ausgebaut werden. Münsters Coach Thomsen nahm die zweite Pause und fast gelangen drei Punkte in Folge, doch Ruddins forderte vehement eine Challenge. Sie sollte Recht behalten, eine Blockberührung brachte den Aufschlag zur Heimmannschaft. Schwerin erkämpfte sich in der Defensive einige Bälle und hielt dem größer werdenden Druck des Tabellenfünften stand. Nach dem 21:16 gab es eine längere Unterbrechung, da Thomsen während des Ballwechsels, den ihr Team eigentlich am Ende gewann, einen Videobeweis forderte. Doch in der Challenge war kein Fehler Schwerins erkennbar. Punkt für den Rekordmeister, der den Satz souverän zu Ende spielt. Lindsey Ruddins verwandelte ihren sechsten Punkt zum 25:16 Satzgewinn. Ihre Konkurrentin Iris Scholten auf der anderen Seite zählte fünf Punkte.
„Sie (Paulina Ströh, Anm. d. Red.) hatte 1,5 Tage mit uns, 2 kurze Trainingseinheiten und heute Morgen hieß es, Pauli (Paulina Ströh, Anm. d. Red.) muss spielen. Wir sind im Vorfelde einige Spielsituationen durchgegangen, sodass sie sich sicher fühlen kann auf dem Feld. Wir hatten damals eine ähnliche Situation mit Kathleen Weiß (ehemalige Deutsche Nationalspielerin, Anm. d. Red.), die auch mit 16 ins kalte Wasser geworfen wurde und wir Münster mit 3:0 besiegt haben. Ich hatte gehofft, die Geschichte wiederholt sich. Wir wollen jetzt keine Superlativen rüberschieben, aber Pauli hat es super gemacht, war super mutig, hat angefangen mit zweiten Bällen, das hab ich nicht erwartet“, lobt der Chefcoach seine heutige Zuspielerin.
Paulina Ströh, die sich später bei ihrem Debüt gleich die MVP-Goldmedaille sichern sollte, eröffnete den zweiten Satz mit einer erfolgreichen Finte. Die Koslowski-Schützlinge nahmen den Schwung aus dem ersten Satz gleich mit und stürmten zur 8:5 Führung. Der Blick für die Lücke in der Verteidigung des Gegner spielte dabei eine genauso gewichtige Rolle wie die weiterhin starken Aufschläge und der Block. Doch Münster blieb dran, fand zunehmend Lösungen und glich zum 9:9 aus. Als Münster mit 11:13 die Führung an sich riss, nahm Koslowski seine erste Auszeit und gab seinem Team Anweisungen. Diese fruchteten umgehend, sein Team glich zum 15:15 aus. Ströh baggerte einen weiten Ball punktgenau auf Ruddins und sorgte danach selbst mit einer erneuten Finte für die Führung. Sie agierte selbstbewusst wie ein Routinier, was dem Schweriner Spiel extrem guttat. Beim 20:17 wollte Münsters Trainerin den Lauf des Tabellendritten mit einer Auszeit stoppen. Das gelang nicht, Schwerin spielte auch diese Schlussphase souverän zu Ende und ging nach dem 25:19 mit 2:0 in Führung. Im Duell Ruddins (11 Punkte) gegen Scholten (9 Punkte) lag die US-Amerikanerin weiterhin vorn.
Der dritte Satz begann umkämpft und beide Teams bewegten sich punktetechnisch im Gleichschritt. Immer wieder waren es Anne Hölzig und Anna Pogany, die durch ihre starke Abwehrarbeit die Schmetterbälle des Gegners entschärften und die Fans in Ekstase brachten. Dennoch war Münster in der ersten Phase einen Ticken besser und ging mit 5:8 in Führung. Schwerin zeigte wie schon häufig in dieser Saison, dass man mit Rückständen umgehen kann und bewies Moral. Der 7:11 Rückstand wurde egalisiert und in eine 14:11 Führung gedreht. Insbesondere die langen Ballwechsel lagen Schwerin heute. Thomsens Team blieb mit 17:16 dran, hielt den Abstand vor allem Durch das Trio Schröder, Scholten und Schlegel kurz. Dann läutete Schwerin mit Ströh am Aufschlag die finale Phase des dritten Satzes mit fünf Punkten hintereinander ein und erspielte sich einen wertvollen Abstand, den die Münsteranerinnen nicht mehr aufholen konnten. Ein Schlag ins Aus bedeutete das 25:19 sowie das 3:0 für den SSC, der mit den drei Punkten den Anschluss am kommenden Gegner aus Potsdam sowie Meister Stuttgart hält. Das Duell der besten Angreiferinnen entschied Ruddins mit 18 Punkten gegen Scholten mit 15 Punkten für sich.
„Wir wussten, dass es ein Kampf wird, das hat man mit den langen Rallyes gut gesehen, aber ich bin super stolz, dass wir das so gut gelöst haben in drei Sätzen“, sagte Außenangreiferin Anne Hölzig nach dem Spiel.
„Ich muss sagen, die Mannschaft hat das gut gelöst. Mit einer neuen Zuspielerin hast du einen ganz neuen Rhythmus im Angriff. Trotzdem haben wir ihr geholfen, kluge Lösungen zu finden. Wir sind super happy. Münster ist eine tolle Mannschaft, spielt eine super Saison. Meine Mannschaft hat es heute hinbekommen, wirklich alles in die Waagschale zu werfen. Jeder ist für den anderen eingesprungen. Das war eine tolle Teamleistung“, ergänzte Koslowski nach der Partie.