Durch einen Patzer des SC Potsdam hatte der SSC Palmberg Schwerin die große Chance, vor dem Spitzenspiel Tabellenplatz zwei zu erobern. Und spannender hätte der Schweriner Cheftrainer seinen 39. Geburtstag nicht verbringen können. In einem wahren 5-Satz-Krimi, in dem jedes Team die Sätze vor dem Tiebreak jeweils deutlich dominierte, setzte sich der SSC nach 110 Minuten mit 3:2 durch und sicherte sich zwei wichtige Punkte im Kampf um Platz 2.
Nach dem überraschend deutlichen 3:0-Sieg beim Dresdner SC hatte SSC-Coach Felix Koslowski keinen Grund, seine Startaufstellung zu ändern. Sein Team brauchte zwei Bälle, um in diesem Spiel anzukommen. Pia Kästner gestaltete das Schweriner Angriffsspiel umgehend mit viel Varianz und punktete selber direkt mit einer Finte. Münster zeigte erhebliche Probleme in der Defensive, konnte die Schmetterbälle der Schweriner Angreiferinnen nicht abwehren. Schnell konnte die Führung auf 11:5 ausgebaut werden, woraufhin USC-Trainerin Lisa Thomsen ihre erste Auszeit nahm. Neben dein Einbeinern von White und Baijens war es vor allem Tutku Yüzgenc im ersten Satz, die permanent Druck über die Diagonalposition erzeugte. Der Abstand des SSC wuchs zur zweiten technischen Auszeit auf acht Punkte heran. Der USC produzierte einige Eigenfehler, wurde u. a. mehrfach wegen einer Netzberührung zurückgepfiffen. Thomsen nahm mehrere Wechsel vor. Auch Koslowski nahm das 19:11 als Anlass, um für den Rest des Satzes Spielpraxis zu ermöglichen. Er brachte Pia Fernau für die Zuspielposition und Frauke Neuhaus auf Diagonal. Zwar gelangen dem Gastgeber drei Punkte in Serie, doch Schwerin brachte das nicht aus der Ruhe. Alsmeier erspielte mit ihrem Schmetterball sieben Satzbälle. Der dritte konnte durch einen Aufschlagfehler des Gegners verwertet werden, 25:19 hieß es am Ende. Yüzgenc, Baijens (jeweils 5) und White (4) sorgten in diesem Satz für die meisten Punkte.
Die Fans am Berg Fidel peitschen ihre Mannschaft lautstark nach vorne. Mit 4:2 ging der USC Münster in Führung, die der SSC sofort egalisieren konnte. Der Tabellensiebte erhöhte den Druck im Angriff, den Gästen fehlte zu Beginn des zweiten Satzes der Zugriff in der Abwehr, sodass sie mit 5:8 in die erste technische Auszeit gingen. Koslowskis Schützlinge wirkten unkonzentriert, das Selbstverständnis und die Lockerheit aus dem ersten Satz waren abhanden gekommen. Der 39-Jährige nahm eine Auszeit, um den Lauf des USC zu stoppen, der auf 11:6 davongezogen war. Schwerin hatte im Anschluss mehr Zugriff in der Feldabwehr, ließ auch im Angriff immer wieder seine Qualität aufblitzen, doch Münsters Block konnte in dieser Phase einige Attacken des Schweriner Außenangriffs entschärfen und nutzte clever Blockouts, um zu punkten. Das Team von Lisa Thomsen bewahrte die Führung und ging mit 16:10 in die zweite technische Auszeit. Lindsey Ruddins wurde in diesem Satz stärker und arbeitete sich neben Baijens zur besten Punktelieferantin vor. Doch ihr Team schaffte es in der letzten Phase des Satzes nicht, den Abstand entscheidend zu verkürzen. Münster, insbesondere in Person von Außenangreiferin Schlegel Mosegui mit bis dato zwölf Punkten, gelang nach dem 25:17 der 1:1 Ausgleich nach Sätzen.
Münster machte im dritten Satz vor heimischer Kulisse mit etwa 1600 Zuschauern mit derselben Wucht weiter. Schwerin bot zu viele Lücken an, die der USC zügig bespielte und ausnutzte. Koslowski redete auf sein Team ein, gab Korrekturen. Zudem wechselte er beim 4:9 Fernau und Neuhaus für Kästner und Yüzgenc ein. Trotzdem rannte sein Team weiterhin dem Rückstand hinterher. Er unterbrach beim 6:12 mit einer Auszeit und wechselte Kästner und Yüzgenc wieder ein. Münster spielte sich in einen Rausch, erzielte vier Punkte in Serie. Schwerin wechselte erneut, Hölzig kam für Ruddins. Doch das Team von Lisa Thomsen setzte sich immer weiter ab. Yüzgenc sorgte für vereinzelt Punkte. Überwiegend stand der Münsteraner Block goldrichtig und spielte zudem eigene Angriffe clever aus. Der SSC erarbeitete sich zu wenig Durchschlagskraft, schlug vereinzelt Bälle ins Aus, sodass keine wichtige Serie gelang, um den Rückstand zu verkürzen. Erst zum Ende des dritten Satzes gelangen über die Positionen eins und zwei durch Yüzgenc und Baijens souveräne Angriffe. Das reichte jedoch nicht mehr. Der USC erspielte sich ganze elf Satzbälle, von denen Maria Schlegel Mosegui direkt den ersten nutzte. Die Außenangreiferin überragte in diesem Spiel mit bis dahin 19 Punkten. Nach dem deutlichen 25:13 lag der SSC nun 1:2 nach Sätzen zurück.
In Satz vier schienen die Schwerinerinnen wieder zurück in die Spur zu finden. Der amtierende Pokalsieger spielte sich saubere Angriffe heraus und ging u. a. mit einer starken Aufschlagserie von Pia Kästner prompt mit 4:0 in Führung. Thomsen sah sich zügig gezwungen, die Partie zu unterbrechen. Schwerin platzierte seine Aufschläge weiterhin gut, Alsmeier sowie Yüzgenc lobten hinter den Münsteraner Block, erhöhten somit auf 8:2. Die Lücken hinterm SSC-Block wurden gut gesichert. Zudem zeigte sich die Feldabwehr insgesamt sehr stark, die nahezu jeden Ball annehmen konnte, um den Angriffsdruck hochzuhalten. Beim 11:2 nahm Thomsen bereits ihre zweite Auszeit. Schwerins Block machte Münsters Versuche, den Abstand entscheidend zu verkürzen, zunichte. Mit 16:4 ging es in die zweite technische Auszeit. USC wechselte einige Spielerinnen, während der SSC weiterhin nicht zu stoppen war und den Abstand noch einmal erhöhte. Ganze 16 Satzbälle waren die Folge, direkt der erste wurde mit einem Blockpunkt genutzt. Die spätere MVP Yüzgenc ragte im Angriff heraus, schraubte ihr Punktekonto auf 21 hoch und wies eine Angriffsquote von 62 % auf, gefolgt von Baijens mit 13 und Alsmeier mit 11 Punkten. Mit dem 25:8 glich Schwerin aus und kämpfte sich in den Tiebreak.
Dieser begann mit langen Ballwechseln und drei Aufschlagfehlern. Beide Teams punkteten bis zum 4:4 im Gleichschritt. Münster konnte sich durch leichte Unstimmigkeiten auf Seiten der Gäste eine Zweipunkteführung erspielen, die Ruddins mit einem Schmetterball und einem Aufschlagass egalisierte. Baijens nutzte einen Dankeball zur Führung, die der USC direkt wieder in ein 8:7 zur technischen Auszeit drehte. Erneut wechselte sich das Aufschlagrecht Punkt um Punkt. Ein Eigenfehler wurde umgehend wieder wettgemacht. In Tiebreak waren es Nuancen, die nun den Unterschied machten, kein Team konnte sich entscheidend absetzen um den finalen Satz so zu dominieren, wie in einem der vorangegangenen. Baijens’ Block bescherte eine 13:11 Führung. Thomsen unterbrach die Partie. Ruddins schmetterte erfolgreich über Außen, zwei Matchbälle brachte dies ihrem SSC ein, wovon der erste abgewehrt wurde. Koslowski nahm vor dem zweiten eine Auszeit und brachte Ruhe in sein Team. Ruddins bescherte mit ihrem 14. Punkt den 15:13 Satzgewinn.
„Wir haben heute, glaube ich, alles erlebt mit einer Berg- und Talfahrt. Wir sind sehr gut gestartet, haben dann sehr passiv gespielt. Das zeigt, wie fragil das Ganze ist. Wenn du nur 3 % nachlässt, dann ist sofort die andere Mannschaft da. Münster war dann voll mit Selbstbewusstsein, alles klappte bei denen. Eigene Halle, volles Haus, gute Stimmung – da haben sie sich in einen Rausch gespielt. Das war eine wirkliche Aufgabe, im vierten Satz wieder zurückzukommen. Das haben die Mädels gut gemacht. Sie haben eine gute Haltung gezeigt. Das war wichtig heute, dass wir das Spiel hinten heraus gedreht haben.“