Eine volle Halle, Fans in Ekstase, zwei ebenbürtige Topteams und eine spannende Partie. Das DVV-Pokalfinale 2023 hatte alles, was man sich als Volleyballfan hätte wünschen können. Deutschlands Rekordmeister, der SSC Palmberg Schwerin, stand dem amtierenden Superpokalsieger, dem SC Potsdam, gegenüber – eine Neuauflage des Finals von 2021, nur diesmal vor knapp 10.000 Zuschauern in der SAP Arena in Mannheim. Der SSC bewies wie so oft in dieser Saison eine tolle Moral, drehte einen 0:1 Rückstand in ein 3:1 und krönte sich damit zum DVV-Pokalsieger 2023.

„Das ist so das, wofür wir eigentlich trainieren. Vor so vielen Leuten zu spielen, ist immer ein Mega-Highlight“, sagte Zuspielerin und MVP Pia Kästner. „Eigentlich habe ich immer an uns geglaubt. Nach dem ersten Satz habe ich gedacht, uh, wir müssen auf jeden Fall eine Schippe drauflegen. Ab dem ersten Punkt in Satz zwei habe ich wieder voll dran geglaubt, dass wir das packen können und das haben wir dann auch gezeigt.“

Schwerins Trainer vertraute auf seine eingespielte Startaufstellung. Einzige Änderung zum letzten Bundesligasieg war Lina Alsmeier anstelle von Anne Hölzig. Der SSC startete konzentriert in die Partie, ging über die Mitte durch Baijens und Alsmeiers Hinterfeldangriff in Führung. Der Schweriner Block war von Anfang an zur Stelle. Potsdam zog jedoch direkt nach, glich zum 7:7 aus und übernahm im Anschluss die Führung. Schwerin produzierte in dieser Phase einige Eigenfehler, die Punkte kosteten. Zudem fand der Block des Tabellenzweiten aus Brandenburg immer besser ins Spiel, sodass der Abstand sich auf 9:15 vergrößerte. Koslowski nahm bereits seine zweite Auszeit, um den Lauf des Gegners zu unterbrechen. Doch Potsdam fand immer wieder die Lücken in der Schweriner Abwehr, erhöhte auf 11:17. Über White und Yüzgenc gelangen drei Punkte in Serie. Trotz einer zwischenzeitlichen Auszeit wurde der SSC wieder stärker, konnte auf 18:20 verkürzen. Dabei stachen vor allem Baijens im Block und Yüzgenc auf Diagonal heraus. Das Team von Guillermo Hernández ließ sich jedoch nicht aus der Ruhe bringen und brachte sein Spiel im ersten Satz zum Satzende wieder aufs Feld. Diagonalangreiferin Nemeth nutzte via Block den ersten Satzball zum 20:25 und 0:1.

In Satz zwei setzte der SSC seinen Aufschwung fort und konnte sich direkt eine 4:0-Führung erspielen. Hernández sah sich gezwungen, früh mit einer Auszeit zu unterbrechen. Alsmeier antwortete mit einem Ass. Kästner suchte mit ihrem Zuspiel häufig Yüzgenc auf Diagonal, diese bedankte sich mit direkten Punkten und brachte ihr Team mit 10:1 nach vorne. Schwerins Abwehr entschärfte zahlreiche Potsdamer Angriffe, ob per Block oder per aufmerksamer Rettungsaktion nach einem Tip hinter den Block. Kästner erhöhte das Tempo im Angriff, der SCP wirkte verunsichert durch den größer werdenden Druck und die Angriffsquote sank auf 25%. Der Abstand wuchs auf 16:4 und Koslowskis Schützlinge ließen nicht nach, spielten trotz nun einiger kleiner Fehler souverän weiter. Baijens nutzte einen Dankeball und erspielte ihrem Team ganze zwölf Satzbälle. Ruddins nutzte den dritten über Außen zum 25:14 und 1:1 Ausgleich.

Nach dem deutlichen Satzverlust fanden die Potsdamerinnen wieder in ihren Rhythmus zurück, sodass der dritte Satz deutlich umkämpfter startete. Beide Teams begegneten sich sowohl im Angriff als auch in der Verteidigung auf Augenhöhe. Sie warfen sich noch mehr rein, die Ballwechsel wurden deutlich länger. Es war nun das erwartete spannende Topspiel, das die Fans zu sehen bekamen. Schwerin konnte die Rallies in dieser Phase für sich entscheiden, ging wieder mit 10:7 in Führung, bevor Hernández das Spiel unterbrach. Ruddins hielt den Aufschlagdruck hoch. Dem Schweriner Angriff gelang es, mit Übersicht die Punkte über Außen zu erzielen und einen 5-Punkte-Abstand zu kreieren und zu halten – 18:13. Hochkonzentriert spielte das Team von Felix Koslowski weiter, von Nervosität keine Spur. Fehler der Potsdamerinnen wurden konsequent ausgenutzt und die Führung auf 20:13 ausgebaut, bis der SCP-Trainer wieder unterbrach. Seine Mannschaft schaffte es jedoch nicht die Selbstverständlichkeit aus Satz eins aufs Feld zu bringen, um den Abstand entscheidend zu verkürzen. Zwei Fehler des SCP erspielten dem SSC sieben Satzbälle, ein weiterer sorgte für das 25:17. Schwerin ging nun mit 2:1 nach Sätzen in Führung.

Potsdam gab sich zwar noch nicht auf, aber Koslowskis Schützlinge agierten weiterhin konzentriert. Nach einer anfänglichen Punkteteilung erspielte sich sein Team eine 8:5 Führung mit dem 13. Blockpunkt. Kästner hielt den Schweriner Angriff variabel, sodass Ruddins, Alsmeier und White für einige Punkte sorgen konnten. Der Supercupsieger wurde wieder stärker und erhöhte den Aufschlagdruck. Doch die kurze Führung wurde von Indy Baijens’ siebtem Blockpunkt egalisiert. Die Niederländerin war mit einer Quote von 67% beste Angreiferin auf dem Feld. Nur der Topspinaufschlag wollte nicht wie in der Liga gelingen. Potsdam fand anschließend die Lücken im Block, drehte die Partie wieder auf 14:16. Koslowskis Auszeit zeigte Wirkung, sein Team glich aus. Dabei halfen vor allem die erneuten Rettungsaktionen Anna Poganys. Der Tabellenzweite und -dritte der Bundesliga lieferten sich zur Crunchtime ein Kopf-an-Kopf-Rennen, 16:16 und 18:18 die Spielstände. Schwerin erkämpfte sich eine knappe Führung. Alsmeier erblockte vier Matchbälle, von denen Schwerins Dreierblock gleich den ersten zum 25:20 und 3:1 nach Sätzen sowie zum Pokalgewinn nutzen konnte.

„Es ist einfach unglaublich, einen Titel zu gewinnen. Wir haben echt hart dafür gearbeitet. Potsdam ist eine unglaublich gute Mannschaft. Wir sind nicht ganz so gut ins Spiel gekommen. Das war heute nicht einfach und jeder hat wirklich an seinem Maximum gespielt. Ich bin einfach so stolz auf meine Mannschaft, dass wir das gedreht haben. An alle mitgereisten Fans, ich kann einfach nur danke sagen, der Titel ist natürlich auch für sie“, sagte sie sichtlich emotionalisierte Kapitänin Anna Pogany nach dem Titelgewinn.

„Das war eine Achterbahnfahrt der Gefühle, meine [heisere, Anm. d. Red.] Stimme ist der beste Beweis dafür, dass wir alles auf dem Feld gelassen haben und unser Herzblut da reingesteckt haben, den Pokal heute mit nach Hause zu bringen“, ergänzte Außenangreiferin Lina Alsmeier, die 14 Punkte zum Titelgewinn beisteuerte und diesen als „absolutes Highlight“ ihrer Karriere bezeichnete.

„Es war ein besonderes Spiel. Potsdam spielt eine überragende Saison. Wir wussten, dass es brutal schwer wird, gegen Potsdam zu spielen. Sie haben so viele Varianten über die Mitte, mit Nemeth eine Linkshänderin und super Spielerin auf Diagonal. Wir haben es wirklich geschafft, sie über Phasen aus dem Spiel zu nehmen. Dafür war extrem viel Aufwand notwendig“, sagte Cheftrainer Felix Koslowski nach der Partie und erzählte, wie er sein Team auf diesen besonderen Tag vorbereitet hatte: „Wir haben unter der Woche probiert, uns wirklich handlungsorientiert auf die Sachen zu fokussieren, die wir zu tun haben und die ganzen Emotionen nicht so sehr an uns herankommen zu lassen. Unser Training am Donnerstag war ein absolutes Desaster. Am Freitag beim Training habe ich nochmal gesagt ‚Leute, wir müssen nichts besonderes machen, nicht höher springen, nicht schneller laufen, nicht härter schlagen, sondern einfach weiter nur an unseren Basics arbeiten‘. Wer das am besten hinbekommt, der hat eine gute Möglichkeit hier, konstant Volleyball zu spielen.“

Diese Methode ging auf. Nach 2001, 2006, 2007, 2012, 2013, 2019 und 2021 darf der SSC Palmberg Schwerin zum 8. Mal in der Vereinsgeschichte den DVV-Pokaltitel bejubeln. Dabei wurden auswärts Freisen, Wiesbaden, Meister sowie Pokalsieger 2022 Stuttgart und nun im Finale Supercupsieger und Vizemeister Potsdam geschlagen.

Fotos: Michael Dittmer, Justus Stegemann, Conny Kurth