Eine knappe Woche nach der Enttäuschung über das verpasste Meisterschaftsfinale in der Volleyball Bundesliga überwiegt beim SSC Palmberg Schwerin der Stolz auf das Erreichte in dieser hochgradig außergewöhnlichen Saison: Stolz auf hochklassige Spiele in der Champions League, auf den Gewinn des DVV-Pokals, des Supercups und die Bronzemedaille in der Meisterschaft – und nicht zuletzt damit auch die Qualifikation für Supercup und CEV Cup 2021/22. Zwischen zwei Quarantänen, diversen Corona-Erkrankungen und einem nahezu seriellen Verletzungspech hat das Team unglaublichen Willen, Charakter und Aufstehqualitäten bewiesen, zollt Chefcoach Felix Koslowski seinen Spielerinnen im Abschlussinterview stolz Respekt.

Felix Koslowski, können Sie die vergangene Saison mit einem Wort oder in einem Satz für sich zusammenfassen?
Ein Wort reicht definitiv nicht. Das war eine Achterbahn der Gefühle auf höchstem Niveau, mit Emotionen in allen Extremen, Höhen und Tiefen, teilweise unfassbar belastend und anstrengend. Der Haupttenor war für mich, wie beeindruckt ich davon bin, wie oft diese Mannschaft wieder aufgestanden, gestärkt aus einer Niederlage hervorgegangen ist und eine Reaktion gezeigt hat, egal wie viele Tiefschläge wir erlitten haben, und das waren wirklich bis zum Schluss einige. Ich glaube, kein Team der Liga hatte so viele Herausforderungen, solche Härtephasen zu meistern wie wir, und ich weiß auch nicht, ob eine andere Mannschaft das so gut geschafft hätte wie dieses noch junge, relativ unerfahrene Team. Da am Ende Pokal, Supercup und eine Medaille in der Hand zu halten, da können und müssen wir alle sehr glücklich, stolz und zufrieden rausgehen.

Wie hat die Mannschaft das geschafft?
Die Grundphilosophie beim SSC ist immer, dass es ein starkes Mannschaftsgefüge gibt, nicht nur im Team, sondern im ganzen Verein, weil uns das extrem viel Stärke und Rückhalt gibt. Es war aber auch entscheidend, dass in dieser Mannschaft die Charaktere sehr gut zusammengepasst haben und es eine große Harmonie und Zusammenhalt gab. Das hat uns ganz, ganz viel Kraft gegeben, um uns gegen die permanenten Störungen von außen durchzusetzen. Manchmal waren die Spielerinnen da cooler und abgezockter als der Trainer und sind in etlichen Spielen über ihr Limit gegangen, über sich hinausgewachsen.

Was waren die – in jeder Hinsicht – herausragenden Momente der Saison für Sie persönlich?
Das so souveräne Pokalfinale war natürlich ein absolutes Highlight. Wir haben in der Champions League beim Turnier in Italien auf Wolke 8 geschwebt. Der schwerste Moment war auf jeden Fall der, als ich unseren Spielerinnen nach der Rückkehr aus Italien in einer Videokonferenz sagen musste, dass durch die Quarantäne ihr Weihnachtsurlaub gestrichen ist, dass niemand zur Familie fahren darf. Das war sehr, sehr hart für alle. Man muss auch mal sagen, für das große Privileg, unseren Sport betreiben zu dürfen, haben die Spielerinnen auch einen hohen Preis bezahlt. Es gab für sie wirklich nichts anderes als Volleyball, sie mussten in schweren Momenten oft allein mit sich sein, es gab keine Regulation für den Druck, unter den sie als Profis sowieso immer stehen. Was das mental bedeutet, kann keiner nachvollziehen, der es nicht selbst durchgemacht hat.

Sie sagten eingangs der Saison, mit allem, was wir selbst nicht beeinflussen können, müssen wir maximal flexibel sein. Wie gut ist das gelungen?
Ja, das hab ich damals so ein bisschen flachsig gesagt. Wieviel Flexibilität wir wirklich brauchen würden, hatte ich mir aber nicht träumen lassen. Allein was an Spielterminen hin- und hergeschoben wurde… Aber ja, das hat uns schon gut auf alles vorbereitet.

Verschieben sich in solchen Zeiten auch ein bisschen die Prioritäten? Geht es nicht mehr „nur“ um Siege und Titel?
Auf jeden Fall. Wir haben viel fürs Leben gelernt, Demut und Dankbarkeit, Wertschätzung. Und man darf auch nicht vergessen, dass uns ein Jahr wie dieses die Chance gegeben hat, manche Prozesse und Entwicklungen zu beschleunigen. Spielerinnen wie Denise Imoudu, Lina Alsmeier oder Lea Ambrosius haben unter diesen besonderen Umständen gewaltige Schritte gemacht. Allein das bedeutet schon eine erfolgreiche Saison, selbst wenn es keine Titel gegeben hätte.

Was können wir Stand jetzt schon vom Kader der neuen Saison erwarten?
Es wird, wie im Volleyball absolut üblich, leider wieder einen gewissen Umbruch geben. Es werden uns Spielerinnen verlassen, die zum Teil die Möglichkeit höherer Aufgaben bekommen. Darauf sind wir auch stolz. Wir können uns aber auch auf neue Spielerinnen freuen, die unser Leistungsniveau noch mal verbessern können.

Welche Wünsche haben Sie persönlich mit Blick auf die nächsten Monate, auch schon die nächste Saison?
Wir haben sicher alle den einen gleichen Wunsch, Stück für Stück eine gewisse Normalität zurückzugewinnen. Uns fehlt es total, Siege mit unseren Fans zu feiern, schwierige Momente gemeinsam zu durchstehen, diese Nähe und Emotionen wieder zu haben. Dauerhaft ist Sport ohne Zuschauer keine Lösung.